Ernst Ludwig Kirchner "Urteil des Paris/ Badende auf Fehmarn"

Das Gemälde Urteil des Paris von Ernst Ludwig Kirchner ist eines der bedeutendsten Werke in der Sammlung des Wilhelm-Hack-Museums und zählt zu den wichtigsten Gemälden in Rheinland-Pfalz. Es ist eines der Hauptwerke Kirchners aus der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Nach umfangreichen Forschungen wurde festgestellt, dass das Gemälde ursprünglich zum Besitz des jüdischen Sammlers Alfred Hess gehörte, während der NS-Zeit unrechtmäßig entwendet wurde und daher zu restituieren ist. Mit der Erbin konnte jedoch eine faire und gerechte Lösung gefunden werden: Für einen weit unter Marktwert liegenden Betrag konnte das Wilhelm-Hack-Museum das Werk ankaufen. Ermöglicht wurde dies dank zahlreicher Spenden und eines zinslosen Darlehens der Ernst von Siemens Stiftung. 

 

Hintergründe

Der 1931 verstorbene jüdische Schuhfabrikant Alfred Hess war ein bekannter Kunstsammler und Mäzen und besaß eine der bedeutendsten Sammlungen expressionistischer Kunst in Deutschland aufgebaut. Erbe wurde sein Sohn Hans Hess, der bereits wenige Monate nach Machtergreifung der Nationalsozialisten aus Deutschland in die Emigration zunächst nach Frankreich und später nach Großbritannien flüchtete. Seine Mutter Tekla Hess sandte währenddessen wichtige Teile der bedeutenden Kunstsammlung auf Freipass zu einer Ausstellung in die Schweiz, nach Basel und später nach Zürich, darunter auch das Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner Urteil des Paris.

Wie ein Provenienz-Gutachten weiter feststellt, war sie im März 1937 gezwungen, dieses Gemälde zusammen mit anderen Werken zurück nach Deutschland zu schicken, wo sie die Werke im Kölnischen Kunstverein unterbrachte. Im Jahr 1939 gelang ihr die Emigration nach Großbritannien. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde ihr seitens des Kölnischen Kunstvereins mitgeteilt, dass die ehemals eingelagerten Bilder zerstört beziehungsweise nicht mehr vorhanden seien.

Erst im sogenannten Kölner Kunstfälscherprozess 1949/50 tauchten einige der vermeintlich zerstörten Bilder als Diebesgut wieder auf. Im Rahmen dieses Strafprozesses stellte sich heraus, dass sowohl der damalige Hängemeister des Kölnischen Kunstvereins als auch Dritte sich Bilder aus der Sammlung Hess angeeignet hatten. Bei polizeilichen Durchsuchungen aufgefundene Bilder wurden nach Abschluss des Strafverfahrens an die Familie Hess zurückgegeben.

Das Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner Urteil des Paris war nicht darunter und wurde im Verlauf des Strafverfahrens auch nicht erwähnt. Das Gemälde ist erst 1957 wieder nachweisbar – im Besitz von Wilhelm Hack. Zusammen mit weiteren Werken gehört es zum Bestand der 1973 errichteten Wilhelm-Hack-Stiftung.

 

Urteil des Paris gehört mit anderen Werken aus der Zeit in Berlin wie Die Straße (Museum of Modern Art, New York), der ebenfalls aus der Sammlung Hess stammende und 2006 vom Land Berlin restituierte Berliner Straßenszene und nicht zuletzt auch dem Bild Potsdamer Platz (Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie) zu den Hauptwerken Ernst Ludwig Kirchners. Urteil des Paris sticht gerade deshalb als ein herausragendes Gemälde heraus, weil es doppelseitig bemalt ist: Die Rückseite zeigt fünf Badende auf Fehmarn, wo Kirchner in dieser Zeit die Sommer verbrachte. Der Szene in der Großstadtwohnung steht so die Szene in der freien Natur gegenüber.

Förder*innen

Folgende Institutionen, Stiftungen, Unternehmen und Privatpersonen unterstützten die Stadt Ludwigshafen am Rhein beim Rückkauf des Gemäldes:

Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

Ernst von Siemens Kunststiftung*

Kulturstiftung der Länder

BASF SE

Dr. Harald Hack Stiftung

Marlene Hack

Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur

Bezirksverband Pfalz

RHEINPFALZ Verlag und Druckerei GmbH & Co KG

Fontana-Stiftung

Manfred und Lino Fuchs

Förderkreis des Wilhelm-Hack-Museums

Sparkasse Vorderpfalz

Stiftung der ehemaligen Stadtsparkasse Ludwigshafen a Rh.

Marli Hoppe-Ritter

Helga Braun

Hafenbetriebe Ludwigshafen am Rhein GmbH

Hilmar Kopper

pbb Stiftung Deutsche Pfandbriefbank

Timon Bauregie GmbH & Co. KG

VR Bank Rhein-Neckar eG

Jochen Lampert

Margret Suckale

Gerhard R. Wolf

Inner Wheel Club Ludwigshafen

Harmoniegesellschaft von 1803 e.V.

Günther Koch

Rotary Club Ludwigshafen-Rheinschanze

Prof. Dr. Karlheinz und Brigitte Eicher

Heinrich Hagenbucher

Ute und Dr. Bernhard Nick

 Udo Werlé

Sowie:

Architektenkammer Rheinland-Pfalz, Dr. Rüdiger und Ulrike Beyer, Bettina Blohm, Werner Blohm, Werner und Annemarie Buchmann, Claudius Caesar, Gerhard Foelz, Gisela Marianne Görth, Dr. Eva Lohse, Dr. Helmuth und Renate Morgenthaler, Julia Nebenführ, Prof. Dr. Cornelia Reifenberg, Brigitte Röth, Stefan Röth, René Zechlin u.v.m.

*Bei der Ernst von Siemens Kunststiftung bedankt sich die Stadt Ludwigshafen am Rhein für einen zuzüglich zur direkten Förderung gewährten großzügigen zinslosen Überbrückungskredit.

Publikation

Zoom #7
Ernst Ludwig kirchner
Urteil des Paris/Badende auf Fehrmarn 
deutsch/englisch 
Verlag: Wienand Verlag
2024 
Preis: 24 Euro
ISBN 978-3-8632-686-4