Our Voices. Auf den Spuren Bildender Künstlerinnen. 75 Jahre Deutscher Künstlerbund
24/05/2025 - 14/09/2025
Anlässlich des 75-jährigen Jubiläums seiner Wiedergründung nach dem zweiten Weltkrieg widmet sich der Deutsche Künstlerbund in Kooperation mit dem Wilhelm-Hack-Museum der Frage nach der Situation von Künstlerinnen seit 1945 und den vielfältigen, bis heute bestehenden Hindernissen in Bezug auf Gleichstellung im Kunstbetrieb. Denn trotz aller positiven Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und einer erhöhten allgemeinen Wahrnehmung von Frauen im Kunstbetrieb bestehen in Deutschland auch in 2025 noch signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Bezug auf Bezahlung, Sichtbarkeit in Ausstellungen und Repräsentation in Galerien und Sammlungen.
Der 1903 gegründete Deutsche Künstlerbund zählt zu den ältesten Künstler*innenvereinigungen Deutschlands und vereint heute über 800 renommierte bildende Künstlerinnen und Künstler. Als Plattform für künstlerischen Austausch und kritischen Diskurs setzt er sich aktiv für die Interessen von Kunstschaffenden ein, unter anderem durch Mitwirkung in Auswahlgremien und Fachausschüssen. Neben seinem kulturpolitischen Engagement organisiert der Deutsche Künstlerbund Veranstaltungen in seinem Berliner Ausstellungsraum sowie deutschlandweit Ausstellungen, Symposien und Kolloquien zu gesellschaftlich relevanten Themen.
Die Ausstellung Our Voices. Auf den Spuren Bildender Künstlerinnen spannt in vierundzwanzig Positionen einen Bogen aus fünfundsiebzig Jahren Kunstschaffen. In einem breiten Spektrum verschiedener Medien – Malerei, Zeichnung, Skulptur, Druckgrafik, Textilkunst, Installation, Fotografie und Video – beleuchtet sie sowohl die individuelle, biografische Situation von Künstlerinnen als auch vielfältige Aspekte der sich wandelnden Stellung von Frauen in der Gesellschaft
Sie steht im Zusammenhang mit einem zweijährigen, kollaborativen Rechercheprojekt des Deutschen Künstlerbundes und des Kunst-Mentorings des Kulturbüro Rheinland-Pfalz, beides mit dem Ziel, die Bedingungen für Gleichstellung und Sichtbarkeit von bildenden Künstlerinnen zu verbessern. In diesem Zusammenhang zeigt sie aus privaten Sammlungen und der Sammlung des Wilhelm-Hack-Museums Werke, die noch nie oder lange nicht öffentlich zu sehen waren.
Inhaltlich fragt die Ausstellung nach dem Verhältnis des Privaten und Politischen, beleuchtet den Umgang mit Mutterschaft und Care-Arbeit und zeigt Arbeiten, die Hierarchieverhältnisse und strukturelle Gewalt reflektieren, sowohl im Gesellschaftszusammenhang als auch und zwischen den Geschlechtern als auch und im Verhältnis zur Natur. In zahlreichen Positionen finden sich außerdem Bezugnahmen auf die Geschichte des jahrzehntelangen Kampfes um Gleichstellung von Frauen – und um die Sichtbarkeit von Künstlerinnen. Gleichzeitig bietet Our Voices Einblicke in unterschiedliche Phasen weiblicher Kunstgeschichte in Deutschland zwischen dem Ende des zweiten Weltkriegs und der Gegenwart.
Der Titel Our Voices ist inspiriert von den grundlegenden Forschungen der amerikanischen Sozialpsychologin Carol Gilligan. Vor gut vierzig Jahren entdeckte und beschrieb sie nach Interviews mit Mädchen eine andere Stimme, die eine Ethik der Fürsorge und der Kollaboration vertrat. In ihrer jüngsten Publikation In a Human Voice (2023) beschreibt sie diese, bis dahin mit Weiblichkeit assoziierte Stimme als eine Haltung, die unabhängig vom Geschlecht in allen Menschen angelegt ist, und die über Hierarchieverhältnisse und die Opposition der Geschlechter hinausweist. Die künstlerischen Strategien, die diese Ausstellung sichtbar macht, lassen sich mit Gilligans Human Voice in Beziehung setzen: Kollaboration, (Selbst)Fürsorge, Perspektivwechsel, Sanftheit, Humor – und Aktivismus.
Our Voices versteht sich vor diesem Hintergrund als Einladung, mit Blick auf die Zukunft die individuellen Antworten auf biografische und gesellschaftliche/gesellschaftspolitische Herausforderungen und die unterschiedlichen Strategien von Künstlerinnen nachzuvollziehen, mit denen sie diese transformieren. In einer Zeit eskalierender Krisen reflektiert die Ausstellung schließlich auch immer die Rolle und die Möglichkeiten der Kunst bei der Auseinandersetzung mit den bestehenden Verhältnissen und der Entwicklung neuer Perspektiven.
Mit Werken von: Mary Bauermeister, Daniela Comani, Madeleine Dietz, Tatjana Doll, Anna Ehrenstein, Margret Eicher, EVA & ADELE, Hannah Höch, Annot Jacobi, Magdalena Kallenberger, Alicja Kwade, Almut Linde, Christiane Löhr, Jule Tabea Martin, Maternal Fantasies, Maina Miriam Munsky, Emy Roeder, Anike Joyce Sadiq, Niki de Saint Phalle, Karin Sander, Aen Sauerborn, Bettina Semmer, Zuzanna Skiba und Annegret Soltau.
Kuratorin: Dr. Almut Cornelia Hüfler
Im Rahmen der Ausstellung steht ein Begleitheft zur Verfügung, welches die ausgestellten Werke, die Biographien der Künstlerinnen und das Rechercheprojekt vorstellt.